Sonntag, 15. November 2009

Auf Wiedersehen

Liebe Menschen,
inzwischen sind fast vier Monaten vergangen, seitdem ich mich wieder auf europäischen Boden bewege. Viele Tage, Stunden und Momente sind an mir vorbei gezogen, und ab und zu bekam ich die Frage gestellt, wo mein Abschiedsbericht geblieben sei – die Frage, warum ich mich der Aufgabe so schwer stelle, hat wahrscheinlich viele Erklärungen. Zum einen konnte und wollte ich während der letzten Monate mit Israel nicht „abschließen“ – noch immer beschäftigen mich viele Ereignisse, viele wertvolle Dinge die mir geblieben sind und die mein Leben verändert haben – alles Rund um Israel und Jerusalem hat in meinem Leben eine krasse Kontinuität gewonnen. Deshalb habe ich auch die Entscheidung getroffen, für ein halbes Jahr nach Jerusalem zurückzukehren.
Mit der Gewissheit, dass die Vergangenheit nicht ersetzbar ist und sich viele Umstände für mich in Zukunft ändern werden, zieht es mich zurück in die Stadt, in der ich ein Jahr meines Lebens verbringen konnte. Es haben sich Freundschaften entwickelt und so stehe ich noch immer mit einigen Volontären in Kontakt: viele unsere Gespräche zirkeln sich um unsere Erlebnisse - Leben und Arbeit die wir für eine lange Zeit geteilt haben. Viele sind jetzt schon auf dem Weg eines „richtigen Lebens“, dass heißt sie studieren oder lassen sich ausbilden.
Ich sehe meine Zivildienst in Jerusalem als Prozess an. Ein Bündel an Neuerungen in meinem 19 jährigen Leben, die mich gestärkt haben. Aus Israel zu gehen war schwer, auch wenn ich wusste es würde weitergehen. In diesem Fall geht es zurück, und dennoch für mich persönlich nach vorne.

Kurz vor unserer Entsendung versammelten wir uns als Idje Volontäre in Hamburg um im Rahmen eines Seminars die letzten Vorbereitungen für unser Volontariat zu treffen. Ich kann mich an einen Workshop erinnern, der die emotionalen Phasen eines längeren Auslandsaufenthalt behandelte. Wie eine Sinuskurve wurde der Gemütszustand graphisch dargelegt. „Ob man das so verallgemeinernd darstellen kann“, war die Frage, die sich mir in den Kopf bohrte. Auch wenn die Grafik nicht deckungsgleich auf mein Jahr übertragbar war, so hatte es doch gewisse Ähnlichkeiten. Das letzte Drittel war die spannendste Zeit meines Freiwilligendienstes. Eine Mischung aus Gewohnheit und Chaos. Dinge, die man 8 Monate übersehen hatte und neu entdeckte. Situationen mit denen man nie gerechnet hatte. Personen, die man bis dato nicht getroffen hatte. Einen Mikrokosmos den man sich aufgebaut hatte und in dem man zu leben begann. Oft fühlte sich alles wie ein Raum-Zeit Kontinuum an, dass Dinge wie altvertraut oder manchmal neu und unerahnt erscheinen lies. Wie er lest spreche ich in Abstraktionen und wüsste auch nicht wie ich es anders formulieren sollte. Auf spezielle Ereignisse zurück zu schauen fällt mir schwer. Es ist wie ein Tagebuch, aus dessen Seiten zu zitieren sinnlos wäre, denn wer kennt schon das ganze Kapitel?
Oft wurde mir nach meiner Wiederkunft die Frage gestellt, was ich denn so erlebt hätte und wie es war. Gescheitert bin ich an dieser Frage zu oft, zu komplex schien mir alles. Mir fällt nichts weiter als das Wort LEBEN ein.

Ich möchte mich bei meinen Spendern bedanken, die mir die Mitgliedschaft bei Idje und dadurch meinen Zivildienst im French Hospital ermöglicht haben. Bei allen Leuten, die mich unterstützt haben, mir geschrieben haben oder an mich gedacht haben.
In unmittelbarer Zukunft wird es mich wieder nach Jerusalem verschlagen. Ich werde wohl diesen Blog nicht weiterführen – auch ich schlage ein neues Kapitel auf. Anyway I hope you stay in touch.

Erik Fritzsch

1 Kommentar:

Rerun hat gesagt…

Schön dass man mal wieder von dir liest :-)
Danke für deinen Bericht.
Tja, das Leben ist komisch. Es kommt sowieso immer ganz anders als man es plant. Aber das macht es so interessant. Wäre ja sonst langweilig ;-)

Es geht wieder nach Israel? Klasse, freut mich für dich :-)
Weißt du schon wann es los gehen soll?

Aber es ist schade dass du den Blog nicht weiterführen wirst. Sehr schade. Würde mich freuen falls du es dir noch mal anders überlegen solltest. Kannst ja einen neuen Blog mit dem selben Account anlegen. Ist ja alles möglich.
Machs gut :-)