Donnerstag, 16. Oktober 2008

مصر

Liebe Menschen,

seit mehr als drei Wochen habe ich nichts mehr von mir hören lassen, dafür möchte ich euch jetzt mit einem Bericht auf den neuesten Stand bringen, was mein Leben hier betrifft.

Zuallererst möchte ich euch mitteilen, dass sich nach der Nacht meines letzten Eintrags, also nach dem vermeintlichen Anschlag, alles völlig beruhigt hat. Ein, zwei Tage später war alles, wie prophezeit, völlig vergessen und das Leben lief ganz normal weiter.
Ich habe mir Gedanken gemacht, warum dieses Land so funktioniert, warum auf der einen Seite militärisch von Seiten Israels so reagiert wird. Soll heißen, auf Diplomatie wird völlig verzichtet, der junge Araber wird eben erschossen und nicht verhört. Kurze Zeit später wurde vom Außenminister das Abreißen des Gebäudes des Attentäters angeordnet, und die ganze Familie wurde inhaftiert. Anderseits leben alle Menschen hier normal weiter, und das alltägliche Leben nimmt wieder seinen Lauf. Schon eine verrückte Mentalität, aber ich selber habe an uns Freiwilligen bemerkt, dass man eben ein solches Ereignis in Kauf nimmt, und recht unbeachtet sein Leben fortsetzt. So viel dazu.

Meine lange Schreibabstinenz hat außerdem einen anderen, erfreulichen Grund: ich war die letzte Woche über im Urlaub. Acht Tage lang hat es uns vier, Stefan, Annika und Judith und mich, nach Ägypten verschlagen. Nach zwei Monaten hat es uns schon außerhalb der Grenzen Israels gezogen. Nicht, dass wir hier schon alles gesehen und erlebt hätten, aber die Abenteuerlust hat uns eben in dieses Land getrieben. Und es hat sich gelohnt!
Am Sonntag, den 5. Oktober ging unsere Reise los: wir planten uns kurz vor 10:00 am Busbahnhof in Jerusalem zu treffen. Fünf Minuten vor der Angst wurde ich dann endlich durch die Sicherheitskontrollen geschleust und hatte schon Angst die drei anderen zu verpassen. Und so war es dann auch: der Bus ist schon ohne mich gen Eilat losgefahren, und meine Befürchtung, die anderen würden ohne mich zum Roten Meer fahren, hat sich bewahrheitet. Mir blieb also nichts anderes übrig als den nächsten Bus abzuwarten. Kurz vor 14:00 kam dann die Überraschung: meine Mitreisenden standen auch an der Haltestelle. Sie erklärten mir, dass sie dreiviertel zehn da waren, aber der Bus ohne sie fortgefahren war! Daraufhin musste ich ihnen erst einmal erklären, dass in der Nacht vom 4. zum 5. Zeitumstellung war, und sie eine Stunde zu früh am Busbahnhof waren. ;) Irgendwann abends sind wir dann doch in Eilat eingetroffen, und die unheimliche Schwüle & Hitze vermittelte uns gleich das Gefühl von Urlaub. Die erste Nacht haben wir dann am Strand in gemütlichen Liegen verbracht, mit Schlafsack draußen schlafen. Die Sterne beobachten hatte definitiv seinen Reiz...Am Montag kam die nächste Überraschung: das ägyptische Konsulat, von welchem wir ein Visum benötigten, hatte geschlossen! Es blieb uns also nichts anderes übrig, als am Grenzübergang in Taba in den Sinai einzureisen. Den Sinai kann man auch ohne Visum bereisen, und so saßen wir dann irgendwann Vormittags im ägyptischen Taxi und fuhren nach Nuweiba, unsere erste Anlaufstation. Nuweiba liegt ca. 70 Kilometer südlich von der israelischen Grenze am Roten Meer. Und die Küstenfahrt dahin war ein Genuss! Auf der rechten Seite Berge, Steinwüste, weite Sicht – auf der linken ein wundervolles blaues, türkises Meer und verlassene Strände. Und im Gegensatz zu Israel kam einen alles verlassen vor, wenig Menschen und laute arabische Musik im Taxi. In Nuweiba im Softbeach angekommen, wurden wir mit Begrüßungsgetränk erwartet und freundlich empfangen. Der Softbeach, eine Art Bagpackercamp, wird von einer deutschen Frau seit etlichen Jahren geleitet. Und der erste Eindruck war fabelhaft: ein schöner Strand, Palmen, gutes Wetter und gemütliche Strandhütten. Und es lies sich da definitiv aushalten! Die ersten zwei Tage haben haben wir am Strand verbracht; man kann am Roten Meer richtig gut tauchen und schnorcheln, da es einfach voller Korallenriffe ist.
Am Mittwoch starteten wir unseren ersten Trip: das Ziel war weitläufig gesagt die halbe Sinaiwüste. Frühs gegen 8:00 fuhren wir mit einem Bedouinen Richtung White Canyon, südlich von Nuweiba.
Ich möchte euch jetzt den gesamten Ablauf der Zweitagestour ersparen, aber ich kann soviel sagen: der Trip durch die Wüste mit Kamel, Jeep und Wandern hat sich völlig gelohnt. Und die Nacht in einer wundervollen, einsamen Oase zwischen Bergen zu verbringen war für mich auch etwas neues. Jedoch hatte unsere Wüstenreise auch ein paar Schattenseiten: zwischenzeitig überkam uns das Gefühl, unsere Tour würde nicht ganz dem entsprechen, was uns im Vornherein versprochen wurde. Eine weitere schlechte Erfahrung haben wir mit Bedouinenkindern in der Oase gemacht: am Anfang dachten wir noch, sie würden vor unseren Augen spielen und uns nicht weiter stören. Irgendwann wurden sie immer aufdringlicher, hatten Geldscheine im Mund und ihr Lachen wirkte unheimlich gekünstelt. Irgendwann fingen sie an uns in die Hosentaschen zu greifen und permanent zu stören. Selbst als ich auf die Toilette ging, lief mir das ältere der zwei Mädchen (vielleicht 4 Jahre) hinterher und ging nicht von meiner Seite – ich konnte sie noch nicht mal vom Klo verscheuchen und eine Tür gab es sowieso nicht. ;) Eine wirklich anstrengende Erfahrung...
Am zweiten Tag hat es uns dann zum Mount Sinai verschlagen: manchmal wird er auch Berg Moses genannt, wo der Bibel nach Moses die 10 Gebote von Gott empfangen haben soll. Die meisten Archäologen bezweifeln jedoch die Glaubwürdigkeit der religiösen Stätte. Jedoch ist sie ein Pilgerzentrum für Christen, Juden und auch in gewisser Weise Moslems, da sie Basis der Religion bildet. Auch das Katherinenkloster, eine der ältesten christlichen Stätten überhaupt, haben wir besucht. Jedoch war der Besuch nicht besonders empfehlenswert, denn der Ort war einfach voller Touristen, im Kloster gab es nicht wirklich viel zu sehen. „Sehenswert“ war der brennende Busch, durch den Gott mit Moses gesprochen haben soll.
Tja, den restlichen Urlaub haben wir mit am Strand liegen, Schnorcheln und Städte besuchen verbracht. Es gab auch oft Momente in denen man mit Ägyptern zusammen einen Tee getrunken oder eine Zigarette geraucht hat...das Land und die Leute haben auf mich definitiv einen sehr gelassenen und freundlichen Eindruck vermittelt. Und dann nach der Woche wieder in Israel zu sein, das war schon eine etwas befremdliche Umstellung: auf einmal sieht man wieder Zivilisten mit Waffen, alles ist abgesperrt und umzäunt, und alles ist viel viel westlicher.
Für mich wird es definitiv nicht mein letzter Ägyptenurlaub gewesen sein, und das nächste mal geht es weiter Richtung Westen, Sahara, Kairo und den bekannten Oasen...

Heute Nacht werde ich für diesen Monat meine letzte Nightshift arbeiten und danach habe ich zwei Tage frei. Ich werde wohl das erste mal der Westbank einen Besuch abstatten und Bethlehem sowie Ramallah besuchen. Ich bin auf die Gegend und die Menschen gespannt...
Ich möchte mich außerdem bei dieser Gelegenheit bei meinen Unterstützern und Interessierten bedanken: Danke, dass ihr mir diese unheimlich wichtigen Erfahrungen möglicht macht und daran teilhabt.










7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Lieber Erik, das macht ja richtig Lust auf Sonne und mehr....
Liebe Grüße M&V

Obelix hat gesagt…

Hallo Erik, so kurz bevor wir mit dem Kinderchor ins Ostfriesland starten, will ich Dir noch einmal schreiben. Ich lese sehr interessiert von Deinen Erlebnissen und freue mich, dass es Dir gut geht. Die Schmetterlinge werde ich auf Deinen Blog aufmerksam machen und sie herzlich von Dir grüßen.
Sei behütet und gesegnet von Gott! Liebe Grüße, Lutz.

Obelix hat gesagt…

Hallo Erik, Deine Karte an den Kinderchor kam leider erst am Montag in Neuschoo an - als wir am Sonntag abgereist waren. Heute habe ic sie vom Pastor bekommen (bin grad hier zur Kur). Ich habe ie aber auf die Internetseite gestellt, sodass jeder Schmetterling sie lesen kann. Vielen Dank für Deine Grüße! Gott möge weiterhin mit Dir sein und seine Hände über Dich halten! Liebe Grüße, Lutz.

adde hat gesagt…

erik, mein gutster, jetzt sinds bald wieder drei wochen.

Anonym hat gesagt…

Hey Erik,
Ein toller Bericht! Ägypten würde mich persönlich ja gar nicht reizen - aber aus anderen Gründen als den nervigen Kindern ;) - aber die Fotos sehen schon toll aus.
Freu mich schon auf den nächsten Eintrag. (da gebe ich 'obelix' recht...ist ja auch schon wieder ne Weile her ;))

Pass auf dich auf und machs gut.

Viele Grüße aus Berlin
Matze

Anonym hat gesagt…

oh, ich seh gerade dass das 'adde' und nicht 'obelix' gesagt hat ;)
Trotzdem... schreib doch mal wieder was :)

M.

Anonym hat gesagt…

tolle bilder und ich kenn sogar noch deine klamotten... ;o)